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Leben

„Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen!“ 

Der Legende nach sagte Martin Luther diese Sätze vor dem Reichstag zu Worms 1521. Das ist vor 500 Jahren gewesen! 

Luther, einst römisch-katholischer Mönch, löste mit seinen 95 Thesen und seinem mutigen Auftreten vor Kaiser Karl V. und den deutschen Fürsten unter Einsatz seines Lebens eine Erneuerungsbewegung aus, die letztlich zur evangelischen Kirche führte - einer Kirche, die sich seither als eine Kirche der Freiheit versteht! Die Evangelische Landeskirche in Baden, von der die Evangelische Kirchengemeinde Klettgau ein Teil ist, gehört zur Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und wurde 1821 gegründet. Sie ist keine lutherische, sondern eine unierte Kirche, die mit allen Christ*innen in der Welt befreundet ist.

Mit der Reformation sind das Individuum, der Einzelne, und das Gewissen entscheidend geworden. Mit ihr ist die Zweitmeinung in die Welt gekommen, die erstmals seit dem Augsburger Reichstag 1530 neben der herrschenden Meinung der römisch-katholischen Kirche akzeptiert wurde. Seither sind evangelische neben römisch-katholische Christ*innen in Deutschland gleichberechtigt. Darüber hinaus wurde im Zuge der Reformation die Neuzeit, die Moderne, eingeläutet und eine einheitliche deutsche Sprache entstand, die zur Bildung eines deutschen Nationalstaats mit beigetragen hat.

Heute sammeln sich in der evangelischen Kirche viele, die Luthers Meinung teilen und seinen theologischen Ansatz befürworten: Die evangelische Kirche hat keinen Papst an der Spitze, sondern ist demokratisch von unten organisiert. Wichtig ist Evangelischen die Bibel als Richtschnur und die Verpflichtung allein auf Jesus Christus. Evangelische nennen sich auch Protestanten - ein Begriff, der daran erinnert, dass die Reformation nicht nur ein kirchengeschichtliches Ereignis war, sondern auch gesellschaftlich und politisch deutliche Spuren hinterlassen hat. Die evangelische Kirche ist nicht nur auf Deutschland begrenzt geblieben, sondern hat sich auf der ganzen Welt ausgebreitet - von denen, die sich auf das Erbe Martin Luthers berufen, leben heute (2021) die meisten in Nord- und Südamerika! 

Protestant*innen auf der ganzen Welt sind heute dazu verpflichtet, den Geist der Reformation in all seiner Vielfalt und Buntheit am Leben zu erhalten. Dazu gehören beispielsweise der Einsatz für die Würde des Menschen, für die Freiheit, insbesondere für das Recht auf Meinungs- und Religionsfreiheit, das Eintreten für verfolgte Christ*innen (wie z. B. im Vorderen Orient), der Einsatz für die Gleichberechtigung von Mann und Frau und der Kampf gegen Unfreiheit und Ungerechtigkeit. 

Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist sowie die Bibel bleiben dabei der einzige Maßstab, an dem sich alles kirchliche Handeln auszurichten hat. Die 500 Jahre alten Worte Martin Luthers sollten für evangelische Christ*innen, auch im Klettgau, in ihren Gedanken und Entscheidungen leitend sein: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen!“ 


Klettgau, 11.8.2021      Thomas O. H. Kaiser, Pfarrer