Herzlich Willkommen!
    

Liebe Gemeinde!
Wer von Ihnen spielt Pokémon Go? Wer von Ihnen kennt dieses Spiel? Also, die Rede ist von Pokémon Go, diesem Spiel an der frischen Luft, das man auf dem iPhone oder auf dem iPad spielen kann oder auf anderen Mobiltelefonen und Tablets und mit dem man virtuelle Fantasiewesen fangen kann, kleine putzige Monster, oder in einer Arena gegeneinander kämpfen kann. Pokémons umgeben uns, sind unsichtbar und mit dem Handy können sie sichtbar werden. Das Bemerkenswerte: Hier vor der Kirche ist ein Hotspot, ein sog. Pokéstop, wo man sein Pokémon-Konto wieder aufladen kann, weil hervorgehobene Gebäude, Sehenswürdigkeiten und Wahrzeichen zur Gestaltung einer virtuellen Spiele-Welt genutzt werden. Fünf Millionen Pokéstops hat es im vergangenen Juli weltweit gegeben, ein Hype war kurz nach Erscheinen des Spiels ausgebrochen, Server sind reihenweise zusammengebrochen, weil alle Welt gespielt hat, 21 Millionen aktive Nutzer. Durch das GPS, ähnlich wie im Auto, und durch Mobilfunkortung, werden die Standortdaten der Spielerin oder des Spielers ermittelt und dann auf einer Landkarte positioniert, ähnlich wie Google Maps. Das Spiel spielt man - ähnlich dem Geocaching - an der frischen Luft, über Bewegung können die Spieler Punkte machen. Gewonnen hat, wer am meisten Pokémons gefangen hat - der wird mit `Bonbons´ und `Sternenstaub´ belohnt und gelangt ein level höher. Falls Sie´s noch nicht kennen - unbedingt mal ausprobieren oder sich zeigen lassen!
Wie weit ist von dieser Wirklichkeit, dieser `virtual reality´, unser biblisches Wort für die Predigt heute weg! In diesem Wort des Apostels Paulus ist die Rede von Furchtlosigkeit, von Kraft, Liebe, Besonnenheit. Auch ist die Rede vom Leiden für das Evangelium, für die gute Nachricht. Das ist doch weit weg von unserer alltäglichen Pokémon-, iPhone- und Computer-Wirklichkeit - oder nicht? So stellt sich die Frage: Warum halten wir an den christlichen Traditionen fest, auch wenn uns manche biblische Worte fremd vorkommen, weil sie in einer anderen Wirklichkeit spielen als der unsrigen - in einer Wirklichkeit in Israel, im Vorderen Orient vor 2000 Jahren und mehr? Warum taufen wir noch 2000 Jahre nach dem Auftreten Jesu von Nazareth am Jordan Kinder und manchmal auch Erwachsene, die zum Glauben gefunden haben, an Flüssen und in Kirchen, so wie heute? Warum feiern wir gemeinsam Abendmahl, als Zeichen der Zugehörigkeit zu Jesus? Wir bekennen uns zum christlichen Glauben und seiner Freiheit, die ihm innewohnt, weil wir die Gegenmodelle kennen. Uns sind Religionen bekannt, die unfrei sind, die wir für unfrei halten. Wir wissen von Religionen, die die Menschen knechten. Wir müssen da gar nicht so weit schauen - der Islamismus ist das beste Beispiel, sofern es sich dabei überhaupt um eine Religion handelt und nicht um blanken Terror, der sich des Islams bedient. Unser Glaube hat sicherlich auch Schwächen, das ist klar. Aber im Wesentlichen geht es um Liebe und nicht um den Hass. Wir predigen Liebe und nicht Hass. Es geht dem christlichen Glauben um Liebe und nicht um Gewalt. Es geht um Liebe und nicht um Tod. Deshalb bekennen wir uns öffentlich zum christlichen Glauben und hoffen, dass immer mehr Menschen den Weg zu Christus finden; dass es mehr und mehr Menschen gibt, die ihre Kinder zur Taufe bringen und die christlichen Feste feiern.
Und: Wir haben Verständnis für die Herausforderungen der Moderne! Wir  sind keine Antimodernisten. Wir haben Verständnis für die Welt der Smartphones, weil wir selber Smartphones benutzen. Mobiltelefone sind zu unseren ständigen Begleitern geworden. Geht es Ihnen wie mir? Der erste Griff am Morgen geht zum iPhone-Wecker, dann kurz Nachrichten und Emails gecheckt, einige schauen die WhatsApp-Nachrichten an, gucken, was bei Twitter los ist oder gehen auf Ihr Facebook-Profil. Tagsüber surfen wir mit Safari, Firefox und Google Chrome und wenn wir ins Bett gehen, werfen wir noch einen letzten Blick auf die Tagesschau-App oder auf YouTube und dann stellen wir wieder unseren digitalen Wecker und das Spiel geht am nächsten Tag von vorne los. Wir sind eigentlich permanent online - was haben wir eigentlich früher gemacht, als es das alles noch nicht gegeben hat? Ich habe gelesen, dass die Deutschen durchschnittlich 88 Mal am Tag ihr Handy einschalten und es durchschnittlich 53 Mal am Tag entsperren - bei den 17-25jährigen Usern sind es sogar durchschnittlich 100 Entsperrungen am Tag. Durchschnittlich wird das Handy alle 18 Minuten benutzt, etwa drei Stunden täglich. Ich muss mich also kurz fassen, weil Sie gleich wieder nach Ihrem iPhone greifen. Die Rede ist übrigens schon von einer `kollektiven Verhaltensstörung´, von `Sucht´ und vom `homo digitalis´, vom `digitalen Menschen´ - immer online und immer munter multitasking unterwegs. Der Blick ist immer an irgendeinem Bildschirm - am Rechner, am Tablet oder am Handy´, auch während Unterhaltungen. Kennen Sie das? Machen Sie doch jetzt mal bitte jeder für sich die Probe! Sind Sie auch ein digitaler Mensch? Tauschen Sie sich doch jetzt mal kurz aus, vielleicht unter der Fragestellung: Könntest Du auf Dein Smartphone verzichten?
„… in dieser Welt ist die Botschaft Christi ein Skandal, angefangen mit Christus selbst. Es wird immer Widerspruch geben.“ Dieser Satz stammt von ehemaligen Papst Benedikt XVI. aus einem Interview in der ZEIT von dieser Woche. Und weiter danach gefragt, wie der Papst die Zukunft des Christentums sehe, antwortet der fast 90jährige: „Dass wir nicht mehr deckungsgleich mit der modernen Kultur sind, die christliche Grundgestalt nicht mehr bestimmend ist, das ist offenkundig. Heute leben wir in einer positivistischen und agnostischen Kultur, die sich gegenüber dem Christentum zunehmend intolerant zeigt. Umso mehr müssen sich die Glaubenden darum bemühen, dass sie das Wertebewusstsein und das Lebensbewusstsein weiterhin formen und tragen.“ Ich denke, der emeritierte Papst Benedikt hat an dieser Stelle Recht: Es geht um die Weitergabe von Wertebewusstsein und Lebensbewusstsein an die nachfolgende Generation. Wir haben die Aufgabe, unseren Kindern unsere Werte und Einstellungen weiterzugeben. Oft wird in der öffentlichen Diskussion über Glaube und Kirche das Argument gebracht, dass Religion und Vernunft nicht miteinander vereinbar seien, dass die Kirche nichts zu sagen habe, das hier eine große Lücke besteht, ähnlich der Lücke zwischen der Smartphone-Moderne und dem biblischen Wort. Ich denke, es kann heute nicht darum gehen, das eine gegen das andere auszuspielen. Es geht schon lange nicht mehr um Religion gegen Vernunft, sondern es geht um die Erziehung zu Toleranz und Barmherzigkeit, gegen Intoleranz und Unbarmherzigkeit. Wir müssen unseren Kindern weitergeben, dass es gute Christenpflicht ist, denen, die in Not geraten sind, zu helfen; dass es gute Christenpflicht ist, die Fremden zu beherbergen; dass es gute Christenpflicht ist, denen zu essen zu geben, die hungern und denen zu trinken zu geben, die dürsten; dass es gute Christenpflicht ist, Gefangene zu besuchen und Tote zu bestatten. Oft genug hat man der Kirche zum Vorwurf gemacht, dass sie sich heraushält aus der politischen Debatte; erst letztens hat man wieder vom „Versagen der Religion“ gesprochen. Ich denke, bei aller gebotenen parteilichen Neutralität können wir aber nicht die Augen verschließen, wenn Männer aus Syrien und mehrheitlich Kinder und Frauen aus Syrien auf der Flucht sind und bei uns anklopfen. Mutter Teresa, der „Engel der Armen“, ist wegen dieses Gedankens der christlichen Barmherzigkeit gerade heilig gesprochen worden. „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan“, sagt Jesus.
Taufe und Abendmahl sind unsere beiden Sakramente. Sie stehen für das, was in der evangelischen Kirche `heilig´ ist. Wir haben heute eine Taufe erlebt und feiern zusammen gleich Abendmahl. Jeder ist in der evangelischen Kirche zum Abendmahl eingeladen. Wir erinnern uns mit dieser Feier an Jesus von Nazareth, der für uns der Christus, der Messias, ist - der, der die inkarnierte Liebe Gottes gewesen ist, das heißt: Gott, der die Liebe ist, ist Mensch geworden in Jesus Christus! Daraus folgt für uns: Wir sehen im Nächsten das Antlitz Gottes! Deshalb ist es unsere religiöse Pflicht, anderen in Not beizustehen und anderen zu helfen, wenn es ihnen schlecht geht. Das hat mit Sozialromantik wenig zu tun. Nächstenliebe und Barmherzigkeit und die Schaffung von ein bisschen mehr Gerechtigkeit in der Welt ist unsere religiöse Pflicht!
Meines Erachtens bringt es nichts, bei dieser religiösen Pflichterfüllung die moderne Technik und die Kommunikationstechnik zu verteufeln. Es ist viel besser, uns die Technik dienstbar zu machen. Denn die Technik hat dem Menschen zu dienen. Jugendliche haben das schnell erkannt, schneller als die Mehrheit der Erwachsenen jedenfalls. Die Kommunikationstechnologie hat eine Revolution in unserer Medienwelt hervorgebracht. Kaum ein Mensch unter 20 Jahren schaut heute noch Fernsehen! Sondern man holt sich seine Nachrichten, Informationen und auch seine Unterhaltung übers Internet. Man will sich sein Programm schließlich nicht vorschreiben lassen. Manchmal sind Eltern besorgt darüber, dass ihre Kinder zu viel Zeit am Computer und vor den anderen Bildschirmen verbringen. „Mein  Junge zockt zuviel“ höre ich immer wieder von frustrierten Vätern, `League of Legends´ oder `World of Warcraft´ sind die Spiele, die gespielt werden. Und ich höre von verzweifelten Müttern: „Meine Tochter ist nur noch auf `facebook´ und per `Whatsapp´ unterwegs! Sie geht nur noch in gebückter Haltung und schaut auf ihr Smartphone!“ Abgesehen von dem Auf und Nieder, das Jugendliche in der Pubertät erfahren, glaube ich, dass - entgegen anders lautender Prognosen - Jugendliche hier nicht der digitalen Sucht anheim fallen. Untersuchungen haben gezeigt, dass Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren nicht nur `dumm herumdaddeln´, sondern das Medium Internet auch für die Schule nutzen. Also, liebe Konfis, keine Sorge, Ihr dürft Eure Smartphones gerne mit im Unterricht dabei haben, wir sind hier schließlich nicht in der Schule! Ich glaube nicht, dass Ihr suchtgefährdet seid! YOLO, Alter! (Heiterkeit bei den Konfis) Kinder in dem Alter von Mira, unserem Täufling, finden wir alle in der Regel süß; bei Jugendlichen und Konfirmandinnen und Konfirmanden sieht die Sache dann meist etwas anders aus, oder? Aber, liebe Konfis, ich garantiere Euch: Auch Eure Eltern werden nach der Pubertät wieder normal! Ihr wisst doch: Pubertät ist, wenn die Eltern schwierig werden, oder? (Heiterkeit in der Gemeinde)
Das biblische Wort von heute bricht in unsere digitale und auch in unsere sonstige Wirklichkeit hinein. Wir haben wie so manches Mal Mühe, das biblische Wort unmittelbar zu verstehen. Wir müssen uns langsam vortasten, langsam die Sprache von damals verstehen, uns erst einhören. Was wir wissen, aber ist: Die Geschichten, die in der Bibel erzählt werden, haben auch für uns heute noch eine Bedeutung. Die Werte, die die Bibel vermittelt, gelten bis heute. Sie lauten unter anderem: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“. (3. Mose 19, 18; Mk 12, 31; Mt  19, 19 und Mt 22, 39) Darauf vertrauen wir. Als äußere Zeichen für dieses Vertrauen stehen Taufe und Abendmahl. Und das möchten wir weitergeben: Die Liebe ist stärker als der Hass in der Welt. Darauf zu vertrauen macht uns selig. Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.